„profi“: Innovationsträger seit 1992
1992: drei Jahre nach der „profi“-Ersterscheinung: erste Ausgabe mit QuarkXpress.
1996: Internetauftritt „profi.com“
2007: Internet-Videos für Abonnenten
2010: erste Smartphone App
2012: eigener Youtube-Channel, eigenes Facebook-Profil
Seit November 2013 erscheint das E-Magazin, für das der „profi“ von der Deutschen Fachpresse zum „Fachmedium des Jahres 2014“ gekürt wurde.
Daten, Zahlen, Fakten
„profi. Magazin für
professionelle Agrartechnik“
Erstausgabe: Dezember 1989
Verkaufte Auflage: 73.460,
Verbreitete Auflage: 79.731 (IVW Stand: 1. Quartal 2014)
Erscheint monatlich
Abonnenten: 73.460, 3.500 Neuabonnenten im laufenden Jahr
Finanzierung: 80 Prozent über Abonnenten; 20 Prozent über Anzeigen und Merchandising
Mehrere Auslandstöchter, u.a. in Österreich, Polen, Großbritannien
Redaktion: 20 feste Redaktionsmitglieder
Verlag:
Landwirtschaftsverlag Münster
500 Mitarbeiter
Hauptsitz: Münster-Hiltrup;
erfolgreichster Titel:
Landlust (Verkaufte Auflage 978.299, 1. Q. 2014; IVW)
Alexander Hornen
02831 925-534
hornen@schaffrath-digital.de
Nottuln im Münsterland: Es riecht nach Kuhstall. Wir treffen Hubert Wilmer (47), Diplom-Agraringenieur, auf dem Hof eines Landmaschinenverleihers, als er sich gerade in knapp vier Metern Höhe über den Motor des neuesten „Claas Tucano“ – einen Mähdrescher, so groß wie ein Ein-Familienhaus und auch so teuer – beugt. Doch Wilmer ist nicht hier, um den „Tucano“ zu reparieren, er wird ihn gleich testen.
Wilmer arbeitet als Multimedia-Redakteur für das Magazin „profi“. Er wird heute diese Erntemaschine für seine Leser prüfen und dies anhand von Fotos und Videos dokumentieren. Hinterher soll daraus sowohl ein Artikel für die Print- als auch die E-Magazine-Ausgabe entstehen. Wichtigstes Arbeitsgerät: Wilmers Spiegelreflex-Kamera. Alle „profi“-Redakteure sind mit einer solchen Kamera ausgestattet. Jeder Hebel, jedes Stellrad des Mähdreschers werden erst auf einem Foto festgehalten, danach folgen Videoaufnahmen zu deren Funktionsweise. Beim Fotografieren des Cockpits geht Wilmer besonders gründlich vor: Aus den Fotos soll später eine 360-Grad-Ansicht für die Leser des E-Magazines entstehen. Rund 50 Einzelbilder sind dafür notwendig. Die Leser sollen – zusätzlich zu den harten Fakten – eine genaue Vorstellung von der Maschine und deren Handling erhalten. Anschließend geht es aufs Feld – zur Probefahrt.
„Nackte Landmaschinen sind sexy“
Doch ist die digitale Welt schon beim Landwirt angekommen? Ja, und sie bestimmt seinen Arbeitsalltag: Der Mähdrescher, den Wilmer testet, ist mit einem Bordcomputer ausgestattet, die Maschine hält dank GPS und Laser-Messgeräten exakt die Spur, Sensoren im Inneren des Dreschers registrieren die geerntete Kornmenge pro Hektar, verknüpfen sie mit den gesammelten GPS-Daten und schicken sie zu einem Server. Daher weiß der Landwirt, an welcher Stelle auf dem Feld er eventuell in Zukunft nachdüngen muss.
So verwundert es auch nicht weiter, dass Wilmer und Kollegen in einem hochmodernen Verlagsgebäude in Münster-Hiltrup sitzen. Wer hier Weizenähren und Dreschflegel als Wand-Deko erwartet, erlebt seine Überraschung: Helle Architektur, Glas und Stahl. Inmitten der Lobby prangt ein Regal mit den neuesten Titeln des Verlags: Magazine, Bücher, Fotobände, modern gestaltet – Hochglanzoptik, wattierte Einbände. Erst beim zweiten Blick erkennt man, dass man es hier mit Landwirtschaft zu tun hat. „Traktoren“ steht auf einem der Bildbände, „Stricken“ auf einem Hochglanzmagazin mit weiblichem Model auf dem Cover, dass einen so gar nicht an die Bäuerin mit Kopftuch und Kittelschürze erinnert. Inhaltlich soll der „profi“ neutral über neu erscheinende Landmaschinen informieren, kombiniert mit Storytelling, verpackt in einem wertigen Erscheinungsbild. Oder wie Chefredakteur Manfred Neunaber das Konzept zusammenfasst: „Nackte Landmaschinen sind sexy“.
Neunaber, 58, gelernter Landwirt, Pfeifenraucher und mehrfacher Großvater, erinnert sich: „In den 70er Jahren habe ich gesagt: Wenn mir einer einen Computer auf den Schreibtisch stellt, kündige ich. Das waren aber auch damals noch Geräte, die eine Kündigung rechtfertigten.“ Die Technik schritt voran, und mit ihr änderte sich Neunabers Einstellung radikal: Seit den frühen 90ern ist seine Redaktion einer der Vorreiter im Digital Publishing. Neunabers neuester Coup: Seit November 2013 erscheint der „profi“ als E-Magazine für Google Android und Apple iOS.
Derweil draußen im vollklimatisierten „Tucano“-Cockpit: Wilmer bewegt einen Joystick nach vorne, 358 PS fräsen sich durch den Weizen. „Das ist der Teil, der am meisten Spaß macht“, freut sich Wilmer, seit 1997 Redakteur, und erzählt: „Unsere Aufgaben sind vielfältiger geworden. Man muss in unserem Job an alles denken: Fotos, Videos, Dokumentation. Der eigentliche Fokus liegt aber weiterhin auf dem Schreiben. Wir sind europaweit im Einsatz. Mal hier im Münsterland, mal in Südfrankreich, mal in Südengland.“ Weite Strecken also. „Ärgerlich, wenn man da etwas vergisst.“ Das Redaktionsteam ist von vier auf mittlerweile über 20 Mitarbeiter gewachsen. Nicht gewachsen: die Anzahl der Fotografen. Die Redaktion beschäftigt nach wie vor einen Einzigen, der dann zum Einsatz kommt, wenn sein spezielles Können gefragt ist, etwa bei großformatigen Bildern und Bilderstrecken für die Printausgabe. Die restlichen Fotos und Videos stammen von den Redakteuren selbst.
Vernünftig oder gar nicht
Was hat Neunaber dazu bewogen, sein Magazin digital zu publizieren? „Wir haben als Mitarbeiter einer Redaktion, die sich mit Technik beschäftigt, natürlich eine große Affinität zur Technik, versuchen aber gleichzeitig, nicht jede technische Spielerei zu übernehmen, sondern uns vielmehr immer auf dem Laufenden zu halten und zu schauen, was uns in unserer Arbeit und vor allem unseren Abonnenten dienlich ist. Wenn wir etwas machen, dann so, dass wir auch dahinter stehen können.“
Das E-Magazine stellt laut Neunaber die konsequente Zusammenführung aller bisher bestehenden Ressourcen dar. „Wir gehen davon aus, dass die digitale Ausgabe eine zunehmende Nutzerschaft und zunehmendes Interesse in der Praxis findet. Gleichzeitig versuchen wir schrittweise, neue Inhalte und Möglichkeiten anzubieten, wie etwa 360-Grad-Ansichten von der Fahrerkabine. Eines der Features, die im Print nicht umsetzbar sind und die auf mittlere Sicht zur Verbreitung des E-Magazines beitragen werden.“ Dabei gelte der Grundsatz: Innovation ja, aber stets auf hohem Niveau.
Hilfestellung bei virtuellen Kiosken
Wie entsteht das E-Magazine? „Gleichzeitig mit den Printinhalten. Wir behalten dabei den kompletten Produktionsprozess in der eigenen Hand. Anders als bei der PrintAusgabe, wo ab einem gewissen Punkt die Druckvorstufe die Arbeit übernimmt. Wir brauchten allerdings jemanden, damit wir mit unserem E-Magazine ins Netz kommen. schaffrath stellte uns dafür die Infrastruktur zur Verfügung, um das fertige Produkt den Usern zugänglich zu machen und hat uns geholfen, digitale Kioske für die App Stores von Apple und google zu erstellen, über die unser E-Mag distribuiert wird“, so Neunaber. Bereits zu Beginn habe die Zahl der digitalen Abonnenten die Erwartungen der Redaktion übertroffen. Auch das Erstellen der neuen Features – 360-Grad-Ansicht, sowie der Folios für die elektronische Ausgabe – hätten die Redaktion anfangs vor eine neue Herausforderung gestellt, auch hierbei habe schaffrath entscheidende Hilfestellung geleistet.
Der „Tucano“ in Nottuln hat knapp acht Tonnen Weizenkerne in seinem Bauch gelagert, spuckt diese jetzt durch ein fünf Meter langes Rohr auf einen Hänger. Wilmer steht auf einer kleinen Plattform außerhalb des Cockpits, winkt uns zu. Wir verabschieden uns von Wilmer, Nottuln und unserem ewig-gestrigen Klischee von Landwirtschaft mit Sense und Dreschflegel und treten unsere Heimreise an. Ob der Bauer 2.0 allerdings auch seine Frau auch auf dem Tablet sucht, konnten wir nicht in Erfahrung bringen.
Alle Infos, die profi App und mehr gibt es auf der Website von profi
Fotos: Ralf Kardes